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Was Geschwisterkinder brauchen

Geschrieben von Christine Harbig

Es ist schwer, in einer Familie aufzuwachsen, in der ständig jemand anderes im Mittelpunkt steht – auch wenn das nicht beabsichtigt ist. So fühlen sich viele Geschwister von behinderten oder pflegebedürftigen Kindern: Sie stehen oft in der zweiten Reihe. Was bedeutet das für die Beziehung zu uns Eltern? 

Es ist es eine riesige Herausforderung, allen Kindern gerecht zu werden – besonders wenn wir ein Kind rund um die Uhr pflegen. Viele Geschwisterkinder merken, wie sehr wir am Limit sind und wollen helfen. Sie werden oft schneller selbstständig und übernehmen Verantwortung für ihr Geschwisterkind. Doch manchmal bleibt wenig Zeit, um über ihre Themen zu sprechen. Wohin mit den Gefühlen, wenn man das erste Mal verliebt ist, während der Bruder schwer krank im Bett liegt? Wie unwichtig scheinen Schulprobleme im Vergleich zu sein. Umso wichtiger ist es, auch Geschwisterkindern einen Raum für ihre Gefühle zu geben. Und ihnen zu vermitteln, dass all ihre Gefühle in Ordnung sind. 

Tipp: Frage dein Kind regelmäßig, wie es sich fühlt und was es gerade beschäftigt.

Geschwisterkinder brauchen genau das, was alle Kinder brauchen – Zeit und Aufmerksamkeit. Es kommt nicht unbedingt darauf an, möglichst viel Zeit mit einem Geschwisterkind zu verbringen, sondern wertvolle, exklusive Momente. Kleine Rituale vor dem Zubettgehen, Ausflüge oder Gespräche am Küchentisch zum Beispiel. Besonders wichtig ist, dass Geschwisterkinder eigene Freiräume haben, in denen die Behinderung des Bruders oder der Schwester keine Rolle spielt. Hobbys und Freundschaften helfen ihnen, ihren eigenen Weg zu finden.

Hilfst du mir, Schatz?

Klar helfen Geschwisterkinder gerne. Schließlich wollen sie auch, dass es ihrem Bruder oder ihrer Schwester gut geht. Allerdings solltest du aufpassen, nicht zu viele Pflegeaufgaben an sie abzugeben. Sprich mit deinem Kind, inwieweit es helfen möchte, aber signalisiere auch, dass es in Ordnung ist, lieber spielen zu wollen. Du kannst auch gemeinsame Spiele mit dem Geschwisterkind anregen oder schauen, wie ihr eine schöne Zeit zusammen habt. 

Je älter Geschwisterkinder werden, umso wichtiger ist es, mit ihnen über ihre Zukunftspläne zu sprechen. Sie sollten selbst entscheiden dürfen, wie viel Verantwortung sie für den Bruder oder die Schwester übernehmen möchten. Deshalb solltest du das Thema schon im Teenageralter ansprechen und verschiedene Möglichkeiten zur Sprache bringen. Gerade als Teenager oder junge Erwachsene suchen sie ihre eigene Identität und müssen sich oft neu mit ihrer Familiensituation auseinandersetzen. Vielleicht wissen sie gar nicht genau, was ihre eigenen Wünsche und Interessen sind.

Tipp: Lass dein gesundes Kind entscheiden, wie viel Verantwortung es übernehmen möchte, und überlaste es nicht mit Pflegeaufgaben. 

Die Entwicklung eines gesunden Selbstwerts 

Wenn Geschwisterkinder immer wieder die Bedürfnisse anderer vor ihre eigenen stellen, kann das Selbstwertgefühl darunter leiden. Geschwisterkinder kämpfen manchmal damit, dass sie sich weniger wichtig fühlen. Für die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls sind eigene Interessen und Bedürfnisse entscheidend. Dabei kann ein Erfolgstagebuch oder eine Wunschliste helfen. Haltet fest, was ihr allein unternehmen wollt, wenn der Bruder oder die Schwester gut versorgt ist und sprich regelmäßig mit deinem Kind über seine Wünsche. Es ist wichtig, dass dein Geschwisterkind eigene Hobbies und Freundschaften hat, die nichts mit dem behinderten Bruder oder der Schwester zu tun haben.

Versuche anzuerkennen, was ein Geschwisterkind leistet, wenn es Verantwortung übernimmt. Wertschätzung tut ihm besonders gut. Dabei geht es nicht darum, alles zu loben, was ein Geschwisterkind für den pflegebedürftigen Bruder oder die Schwester tut, sondern anzuerkennen, was es sonst schon alles geschafft hat. In der Schule, bei einem Hobby oder im Alltag. Würdige dies und sag deinem Kind, dass es auf sich stolz sein kann. 

Tipp: Feiere die Erfolge deines gesunden Kindes mit kleinen Ritualen, und ermutige es, eigenen Interessen und Hobbys zu verfolgen.

Du bist nicht allein!

Für Eltern ist es nicht einfach, sich zwischen Therapien, Krankenhaus und Anträgen Zeit freizuschaufeln. Umso wichtiger ist es, sich Unterstützung zu suchen – sei es bei Verwandten, Nachbarn oder einem Pflegedienst. Denn Kinder registrieren sehr genau, wie wir Erwachsenen mit hoher Belastung umgehen. Und ob auch wir uns mal eine Auszeit gönnen. Immer wieder sollten wir darüber sprechen, wie wir uns fühlen und wie sich ein Geschwisterkind fühlt. Und ein Auge darauf haben, wie es unserem Kind geht.

Vielen Kindern hilft es auch, wenn Abläufe klar geregelt sind und es nicht zu viele Überraschungen gibt. Das schafft Sicherheit. Ein gut sichtbarer Wandkalender mit allen anstehenden Terminen und ein Notfallplan sind eine Möglichkeit. Es sollte klar sein, wer einspringt, wenn ein Elternteil plötzlich ins Krankenhaus muss. Auch Lehrkräfte und Fachpersonen sollten Bescheid wissen – so können auch sie unterstützen, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. 

Übrigens haben auch Kinder über die Krankenversicherung Anspruch auf therapeutische Hilfe, etwa eine Familientherapie oder Psychotherapie. Denn es gibt Studien die zeigen, dass Geschwister von pflegebedürftigen Kindern ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen haben. Falls der Verdacht besteht, ist es immer besser, mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt zu sprechen.

Wertvolle Begegnungen

Oft hilft es Geschwisterkindern sich mit Gleichaltrigen bei so genannten Geschwistertreffen auszutauschen. Es gibt auch immer mehr Angebote, die Geschwisterkinder unterstützen und ihnen Gesprächsmöglichkeiten mit Fachpersonen anbieten. Solche Treffen helfen ihnen, sich verstanden zu fühlen, und bieten Raum, um Freundschaften zu knüpfen. 

Eines ist klar: Für uns Eltern ist es ist eine ständige Herausforderung, allen Kindern gerecht zu werden. Den perfekten Weg gibt es nicht. Fehler zu machen und darüber zu sprechen gehört dazu! Trau dich, diese Fehler auch gegenüber deinen Kindern einzugestehen und sei nicht zu hart mit dir selbst. So sehen auch deine Kinder, dass sie nicht perfekt sein müssen. 

Wenn du das Gefühl hast, ständig zwischen den Anforderungen deiner Kinder zu jonglieren und niemandem wirklich gerecht zu werden, bist du damit nicht allein – das ist völlig normal. Gönn dir Pausen, nimm Unterstützung an und sprich offen mit deinen Kindern, damit sie sich gesehen und gehört fühlen. Achte darauf, dir deine Kräfte einzuteilen, nur so kannst du für deine Kinder da sein. Und vergiss nicht: Hut ab, du machst bereits einen großartigen Job!

Tipp: Hol dir und deinem Kind Unterstützung – sei es durch therapeutische Angebote oder Geschwistertreffen. 

Was Eltern tun können: 7 Tipps für den Umgang mit Geschwistern

  1. Einzelzeit einplanen: Verbringe regelmäßig Zeit allein mit dem gesunden Kind und zeige ihm, dass es gesehen wird. Auch kurze Momente wie ein Spaziergang oder Eis essen können viel bewirken.
  2. Über Gefühle sprechen: Frag regelmäßig nach, ob deinem Kind etwas auf dem Herzen liegt. Ermutige dein Kind, offen über seine Gefühle zu sprechen – auch über Ängste und Sorgen und Wut.
  3. Offene Kommunikation: Sprich ehrlich und kindgerecht über eure Familiensituation, um Missverständnisse zu vermeiden. Frag dein Kind, wie viel es mithelfen möchte und sprich auch zukünftige Verantwortung rechtzeitig an. Respektiere dabei die Wünsche deines Kindes.
  4. Erfolge feiern: Würdige die Erfolge deines gesunden Kindes mit kleinen Ritualen oder einem Erfolgstagebuch, um sein Selbstwertgefühl zu stärken.
  5. Kind sein lassen: Überlaste dein gesundes Kind nicht mit Pflegeaufgaben, sondern achte darauf, dass genug Raum für seine Interessen und Hobbies bleibt.
  6. Unabhängigkeit stärken: Hilf deinem Kind, selbstständig zu werden, indem du ihm Freiraum für eigene Entscheidungen gibst. Ermögliche Erfahrungen wie einen Schüleraustausch oder Freizeiten, ohne dass dein Kind sich schuldig fühlen muss, weil es seine Familie zurücklässt. 
  7. Geschwistertreffen: Der Austausch mit anderen Geschwistern hilft, sich verstanden zu fühlen und mit der Situation besser umzugehen.

 

Wenn du noch mehr über Geschwisterkinder oder das Thema Selbstfürsorge erfahren möchtest, findest du hier interessante Podcast-Folgen:  

 „Aufwachsen mit einem behinderten Bruder“ mit Naomi Miller über Geschwister

„Vergesst die Geschwister nicht“ mit Vater Aloys über Geschwister

„Du bist wie deine Mutter!" - wie unsere Familie uns prägt“ mit Heidi Boner-Schilling über Familienprägungen

„Wie Eltern behinderter Kinder im Alltag wieder auftanken“ mit Heidi Boner-Schilling über Selbstfürsorge

„Keine Zeit für Selbstfürsorge? Dann erst Recht!“ mit Nina Gutermuth

Links zu weiteren Informationen zum Thema Geschwister:

Für Kinder und Jugendliche
•    Angebote der Lebenshilfe: Geschwisternetz und Besonderes Geschwister
•    Stiftung Familienbande
•    Bunter Kreis
•    Geschwisterclub

Für erwachsene Geschwister
•    Stammtische und Treffen 
•    Blickpunkt Geschwister von Naomi Miller

Unterstützung für Eltern
•    Oskar Sorgentelefon
•    SuSi: Ein Kurs zur Unterstützung von Geschwistern

 

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