Mein Herz lacht e.V.
Die Gründungsgeschichte von Gail
Im Jahr 2006 hat sich mein Leben für immer verändert. Ich lag im Krankenhaus in Stuttgart, der Geruch von Desinfektionsmitteln lag in der Luft und das grelle Neonlicht strahlte auf mich herab. Doch das alles nahm ich kaum wahr, denn stolz hielt ich ein kleines, zerbrechliches Wesen in meinen Armen – ich hatte meinen Sohn zur Welt gebracht. Damals hatte ich keine Vorahnung, dass etwas an ihm anders war. Am Entlassungstag stellte der Kinderarzt ein Herzgeräusch fest und schickte uns direkt zum Kardiologen. Als ich den ernsten Blick des Arztes sah, war ich sofort alarmiert. An jenem Tag erfuhr ich, dass mein Sohn mit einem komplexen angeborenen Herzfehler auf die Welt gekommen war. Er wurde umgehend auf die Kinderkardiologie gebracht und mich schickten die Ärzte nach Hause. Statt ihm nachts ein beruhigendes Wiegelied vorzusingen, starrte ich auf sein leeres Bett.
Die Angst wurde zu meinem ständigen Begleiter.
In den folgenden Jahren musste mein Sohn drei schwere Operationen durchstehen. Doch das war nicht das Ende der Herausforderungen. Er sollte nicht weinen, um sein geschwächtes Herz nicht zu überstrapazieren. Das führte dazu, dass ich bei jedem kleinsten Geräusch an seinem Bett stand – manchmal bis zu 20-mal pro Nacht. Aufgrund der Infektionsgefahr war es mir nicht möglich, an Krabbelgruppen teilzunehmen, Einkäufe zu erledigen oder mit ihm zum Babyschwimmen zu gehen. Stattdessen stillte ich ihn zwei Jahre lang, um sein Immunsystem zu stärken. Diese Zeit, in der ich kaum familiäre Unterstützung hatte, weil meine Familie in England lebt und oft alleine war, da mein Mann im Ausland arbeitete, zehrte sehr an meinen Kräften.
Ich verlor mich selbst und zog mich aus dem sozialen Leben zurück.
Mit jedem Tag fühlte es sich an, als ob ein Stück von mir verschwand, und letztendlich fühlte ich mich nur noch hilflos. Meine Energie schwand dahin und jeder Tag schien eine unüberwindliche Hürde zu bergen. Doch niemand konnte sehen, was hinter den verschlossenen Türen wirklich vor sich ging. Meine Reizbarkeit nahm zu und meine Ehe begann, darunter zu leiden. Während alle nach dem Wohlbefinden meines Sohnes fragten, blieb die Frage, wie es mir ging, ungestellt. Fast wäre ich an der Belastung zerbrochen. Die einst lebensfrohe und positive Gail schien einfach verschwunden zu sein und irgendwann erkannte ich mich selbst nicht mehr wieder.
Die Welt erwartete, dass ich stark blieb, doch ich konnte nur noch weinen.
Ich fühlte mich eingesperrt in meinem eigenen Zuhause, der soziale Kontakt fehlte mir und Mütter mit gesunden Kindern konnten meine Situation nicht nachvollziehen. Alle Fragen und Sorgen musste ich alleine bewältigen. Das Gefühl des Versagens – als Ehefrau und Mutter – nagte an mir. Erst als es beinahe zu spät war, wurde mir klar, dass ich etwas für MICH unternehmen musste, bevor ich völlig zusammenbrach.
Durch einen glücklichen Zufall lernte ich eine andere Mutter kennen, die ein Kind mit Krebs hatte.
Zum ersten Mal fühlte ich mich nicht mehr allein. Endlich hatte ich jemanden gefunden, der mich verstand, der ähnliche Alltagskämpfe durchmachte und so entwickelte sich eine wunderbare Freundschaft. Wir tauschten Erfahrungen aus und gaben einander Kraft. Schritt für Schritt lernte ich, auch an mich selbst zu denken. Ich begann, sonntagmorgens um 8 Uhr zu joggen und spürte, wie gut es mir tat, einfach mal abzuschalten. Eine Stunde für mich alleine zu haben, um wieder aufzutanken. Ich schuf mir Freiräume und erkannte, wie wichtig es war, mir bewusst Zeit für mich zu nehmen. Genau das möchte ich anderen Eltern ermöglichen. Einen Ort des Austauschs mit Gleichgesinnten, die genau verstehen, was sie durchmachen. Denn wenn wir einander unterstützen, können wir gemeinsam stark sein. Stark für uns selbst und für unsere Kinder.
Wenn du mehr über Gails Geschichte erfahren möchtest, laden wir dich herzlich ein, in ihre Podcast-Folge reinzuhören.